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Pendulen im „Style Empire"   2
©
Weltkunstverlag /  Dr. Hans Ottomeyer + Peter Pröschel   2003


Meisterwerke französischer Bronziers.

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Die Weiterentwicklung des Stils / Nebenstile

Bitte zum Vergrößern anklicken - 2. Pendule mit der Figur der Sängerin Sappho oder der Muse Erato, Thomire, Paris, um 1805, H. 60 cm; Residenz, MünchenDie Dominanz des von Percier und Fontaine propagierten und von den Kunsthandwerkern getreu übernommenen Formenrepertoires schloss eine Stilentwicklung auf sehr lange Zeit aus. Während das Kunstgewerbe des „Anden Regime`` in rasch aufeinanderfolgenden Moden eine deutlich ablesbare Entwicklungsreihe bildet, ist es in den ersten Dezennien des 19. Jahrhunderts oft nicht möglich, aufgrund von Formkriterien zu entscheiden, ob eine Uhr etwa 1798 oder 1814 entstanden ist. Bebilderte Angebote der Bronziers lassen erkennen, dass ein Modell über 20 Jahre hinweg immer wieder aufgelegt und auch verkauft wurde.

Dieser einheitliche Block des offiziellen guten Geschmacks hatte von Anfang an zur Folge, dass Nebenstile vorkamen, etwa literarisch bestimmte romanhafte Szenen, die in den Gestalten auf Uhrengehäusen figurieren, so „Die Klavierstunde“, „Das Abendgebet", „Der Streit des Liebespaares", ,,Das Milchmädchen", „Amor als Zauberer" - und was es an Genreszenen und Travestien mehr gibt.

Leichterhand hat man, um ungestört eine einheitliche Stilentwicklung zu konstruieren, die Uhren mit anekdotischen Szenen in eine spätere Zeit geschoben und nach einem heroischen und antikischen „Empire" ein häusliches und verspieltes „Charles X" oder „Louis Philippe" angenommen. Doch weit gefehlt! Datierte Entwürfe lassen erkennen, dass dieses petit genre bereits während des „Consulat" gang und gäbe war, so auch die zahlreichen Uhren mit mannigfach beschäftigten Negern oder Negerinnen (Abb. 4), Troubaduren oder dem guten König Henri IV.

 


Die technischen Bedingungen und Umstände der Herstellung von Empire-Uhren

Percier hat es bald aufgegeben, die Nation zum bon goût zu bekehren. Im Vorwort zur zweiten Auflage des „Recueil des décorations intérieures" 1812 spricht er von den Uhrenherstellern als einem Gewerbe, das traditionell in schlechte Ideen und abgeschmackte Formen verfiele. Hilfe sei hier wohl nicht möglich.

Das Nebeneinander verschiedener Traditionen macht eine absolute Chronologie völlig unmöglich und erschwert eine Darstellung der Uhren des Empire. Die technischen Bedingungen und Umstände der Entstehung sind überall gleich. Weniger denn je hatten die Uhrmacher Einfluß auf die Form des Gehäuses. Mit Ausnahme vielleicht von Breguet waren es die Bronzefabrikanten, die Serienuhrwerke kauften und in ihre aufwendigen feuervergoldeten Gehäuse einbauten. Bitte zum Vergrößern anklicken - 3. Pendule „Hebe mit Jupiter als Adler", Ravrio, Paris, An XII, auf dem Zifferblatt bez.: Ravrio; nach einer Auftragsliste des Uhrmachers Lepautes wurde ein Modell dieser Pendule zur Ausstattung des Schlosses Stupinigi geliefert Der Verkauf der Uhren lief nahezu ausschließlich über den Ladentisch der Bronzemanufakturen und Vergolder.

Die Produktionsweise wurde von zunehmend größeren Fabrikationsstätten bestimmt, die unter einem Dach Techniken vereinten, die vor der Revolution durch Zunftregeln auf verschiedene kleine Meisterbetriebe beschränkt waren, die jeweils nur Teilarbeiten zur Herstellung einer Pendule durchführen durften. Vor der Aufhebung der Zünfte lieferten Emailleure, Uhrmacher, Bildhauer, Modelleure, Ziseleure, Gießer und Vergolder die Werkstücke sich gegenseitig ins Haus und in die Werkstatt, wenn sie nicht heimliche Hinterhofbetriebe einrichteten, wo in der Zunft nicht organisierte Arbeiter ihnen die Teile oder Bearbeitungen besorgten, die sie sonst von einem anderen Meister hätten kaufen müssen. Nach der Revolution waren es die Gießer und Ziseleure, die andere Handwerker in ihre Betriebe zogen. Vergolder taten das nur selten und Uhrmacher wohl nie.

Die hochspezialisierten Verfahren und Techniken hatten eine extreme Arbeitsteilung zur Folge, bei der Abformungen und Werkstücke von einer Hand zur anderen wanderten und in einem Montageverfahren zusammengesetzt wurden, das in der Art eines Baukastensystems erlaubte, Gehäuse, Ornamente und Figuren in verschiedenen Kombinationen zu verwenden. Damit wurde bei relativ geringem Aufwand eine große Modellvielfalt erzielt, die noch gesteigert werden konnte, wenn in den Ladengeschäften der Bronzefabriken nicht nur die eigenen Modelle verkauft wurden, sondern auch die der Kollegen, was bei Verkaufsangeboten, die bisweilen in Archivalien erhalten geblieben sind, den Rückschluss auf den wirklichen Hersteller erschwert.

Das erste Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts war von einem ausgesprochenem Ansteigen der Qualität der Verarbeitung geprägt. Dies ist damit zu erklären, dass Unternehmer und Fabrikarbeiter ihre Ausbildung noch in den Handwerksbetrieben der Vor-Revolutionszeit erfahren hatten und nach Maßstäben der Luxuskunst des Ancien régime weiter arbeiteten, gleichzeitig aber die modernen Organisationsformen des Fabrikationsbetriebes - vielleicht auch bessere Arbeitsmittel - zur Verfügung hatten. Erst mit dem allmählichen Ausscheiden der handwerklich ausgebildeten, älteren Generation aus den Fabriken machte sich ein deutlicher Qualitätsverfall zuerst in der Vergoldung, dann in der Ziselierung bemerkbar.

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