RAFAEL PEREZ Einzelausstellung im Museum zu Allerheiligen Schaffhausen (1982)
Auszug aus dem Ausstellungskatalog
Vibrationen ...

die die Augen des Betrachters reizen, mit diesem Begriff lässt sich das (ausgestellte) Werk von Rafael Pérez am kürzesten umschreiben. Dabei greift er einerseits auf die Formen- und Farbensprache der konkreten Künstler zurück und bedient sich andrerseits gleichzeitig kinetischer Effekte. Diese werden jedoch nicht mechanisch hervorgerufen, sondern - in Abwandlung der Bildertitel von Hans Arp - "nach den Gesetzen der zufälligen Luftvibrationen" erzielt. Aehnlich wie bei den Mobiles von Alexander Calder wirkt kein motorischer Antrieb auf das Bildgeschehen ein, nur die vom Betrachter virtuell selbst oder real von einem Luftzug ausgelöste Bewegung lässt einen Bestandteil der Arbeit ins Schwingen geraten, die schliesslich das ganze Bild zum Vibrieren bringt.

Auf den ersten Blick liegen die Arbeiten im Bereich der konkreten Kunst. Wie diese weisen seine Werke eine strenge Gesetzmässigkeit auf und zeichnen sich durch einen logischen Bildaufbau aus. Sie sind rationell ausgedacht und auf die einfachsten Grundformen reduziert. Früher das Streifenband und später das Quadrat - in letzter Zeit oft auf die Spitze gestellt - bilden die Träger des künstlerischen Geschehens. Entsprechend ist die Raumaufteilung: Kleine Quadrate, die ihre geometrische Proportion im grossen Bildquadrat finden, Rechtecke, die zusammengesetzt wiederum ein Quadrat ergeben, sind Lösungen, die an Richard Paul Lohses Formulierung von der "Gleichheit der Form" gemahnen. Und schliesslich Diagonalen, die von einer Spitze des Quadrates aus nach von mathematischen Gesetzen bestimmten Punkten zulaufen und in der anderen Bildhälfte ihre Entsprechung finden. Noch einmal darf an R.P. Lohse (links im Bild mit Rafael Pérez) erinnert werden, der postuliert: "Anonymität der Mittel, Unlimitiertheit der Strukturgesetze, Relativität der Dimensionen, Erweiterbarkeit, Flexibilität der Systeme bestimmen den zukünftigen Ausdruck."  
  

Wie vor ihm schon Verena Loewensberg, setzt sich Pérez in der Anwendung der Farben  bereits leicht von den Konkreten ab. Er benutzt den chromatischen Farbkreis, doch wendet er die Farben nicht systematisch, sondern gemäss seinem intuitiven Farbempfinden und seinem Gefühl an. "Chromatische Modulation", wie ein Teil seiner Arbeiten betitelt ist.

 
Hier nun stellt sich für den Betrachter ein interessanter Aspekt ein: je länger er die Arbeit sieht, umso mehr verschwindet das vor dem Hintergrund aufgehängte Element, wird immateriell, dafür aber "lebt" und "atmet" die Leinwand farbig. Die Farbe gerät in Bewegung, das Licht erzeugt Reflexe für nur einen einzigen Moment, blitzt auf und ist schon wieder verschwunden. Die Arbeiten sind poetisch, dem flüchtigen, sich immer erneuernden Reiz verpflichtet. "Kunst ist Betrachtung der Welt im Zustand der Gnade", heisst ein für Rafael Pérez emotionell wichtiger Satz von Hermann Hesse.


Rafael Pérez ist Venezolaner. In einer Kleinstadt westlich von Caracas geboren, besuchte er die Kunstakademie, wobei er sich vor allem mit dem Impressionismus und dem Kubismus auseinandersetzte. Später beschäftigte er sich als Autodidakt mit dem Bauhaus. Damit fand er den Weg zur Moderne. Er ist viel gereist, hielt sich längere Zeit in Spanien, Frankreich und Italien auf, bevor er 1967 erstmals in die Schweiz kam. Hier fand er in den konkreten Malern Vorbilder, obwohl seine Formensprache bereits ausgebildet war. Hier hat er zur Beschwingtheit seiner Werke gefunden. Und zu seiner Eigenständigkeit. 

Pérez stellt Bildrealitäten aufgrund von Entscheidungsprozessen her. Rhythmus, Form - auch mit einfachen Mitteln - sowie Zeit bestimmen sein Werk. Der Betrachter muss die optische Bewegung nachvollziehen, ein einzelner Ansichtspunkt allein genügt nicht. Er muss dem einzelnen Werk entlanggehen, dieses aus verschiedenen Distanzen und aus immer anderen Winkeln wieder ansehen. Die Sensibilität des Bildes befragt die Sensibilität des Betrachters, er muss sich die Zeit nehmen, dem Licht und Schattenspiel zu folgen. 

 
 
 
 
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 Diagonal Amarilla (1982)
80 x 80 x 25 cm
 
 
 

 
 
 
 
Diagonal Azul (1982) 
80 x 80 x 25 cm

 
 

 
 
 
Verde sobre Azul (1982)
80 x 80 x 25 cm

 
 
 
 

 
Rojo sobre Azul (1982)
80 x 80 x 25 cm
 

               Letztmals überarbeitet: 15.04.1999