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Uhren und Uhrmacher vom Mittelrhein   1
© Eugen Denkel und Ian D. Fowler 2003


Ein Streifzug durch ihre Geschichte.   

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Zeit und die Entwicklung der Zeitmessung

Als Uhren bezeichnet man heute die Hilfsmittel, die das nicht Fassbare - die Zeit - fassbar, berechenbar machen sollen. Die Zeit als elementare Größe des Universums hat sich bis jetzt unserem direkten Verständnis entzogen. Physik und Astronomie haben uns die gewaltigen Dimensionen der Zeit gezeigt, aber ihre Natur nicht enträtseln können.

Zeit kann subjektiv empfunden werden, sich ziehen, verrinnen, dahineilen, voranstürmen, endlich, unendlich sein. Jeder Mensch empfindet ein und denselben Zeitfluss unterschiedlich. Plinius drückt dies treffend aus, indem er sagt: „Jede Zeit ist um so kürzer, je glücklicher man ist."

Die Menschen der Frühzeit hatten einzig in der täglichen Wanderung der Sonne und ihrer Position am Himmel grobe Anhaltspunkte, nach denen sie ihr Tagwerk einrichten konnten. Größere Zeitabschnitte bildeten die Perioden des Mondes und noch größere die immer wiederkehrenden Jahreszeiten. Es ist daher nicht verwunderlich, dass zu den zivilisatorischen Errungenschaften aller frühen Kulturen der Kalender gehörte. Ackerbau treibende Völker waren auf Kalenderdaten ange­wiesen, um den Zeitpunkt für die Aussaat und das Auftreten von Regenzeiten und die damit einhergehenden Hochwasser der großen Ströme vorherbestimmen zu können. Früh schon verfügten Babylonier und Ägypter über solche exakten Kalender, die auch die Grundlage unserer heutigen Jahreseinteilung sind. (1) 

Die Entwicklung städtischer Kulturen mit einer hoch entwickelten Verwaltung und vielen Handwerksbetrieben musste den Wunsch nach einer zeitlich genaueren Koordinierung der innerstädtischen Tätigkeiten aufkommen lassen. Auf- und Untergang der Sonne, sowie der höchste Punkt ihrer Bahn, der Mittag, waren schon exakte Zeitmarkierungen, in Form eines unterschiedlich langen Schattens, den ein Stab auf den Boden warf. Gleichzeitig wanderte dieser Schatten im Halbkreis um den Stab, bedingt durch die Wanderung der Sonne am Himmel. Versah man nun diese Strecken mit Markierungen, so hatte man eine einfache Sonnenuhr. 

Für die Messung der Nachtstunden bediente man sich der Wasseruhren, die im einfachsten Falle aus einem Gefäß bestanden, in das Wasser durch eine kleine Öffnung entweder ein- oder auslief. Am Wasserstand innerhalb des Gefäßes konnte man die „verflossene" Zeit ablesen. Eine Stundenmarkierung im Gefäß war bei Tage leicht durch Vergleich mit einer Sonnenuhr anzubringen. (2) Im Laufe der weiteren Entwicklung verband man die Wasseruhren mit Schwimmern (3), die mit Räderwerken in Verbindung standen und eine Zeitanzeige auf einem Zifferblatt ermöglichten. Weiterhin stattete man diese Werke mit Figurenautomaten aus. Beispiele von sehr frühen Wasseruhren sind uns aus den ägyptischen, griechischen und römischen Kulturen als Bodenfunde und schriftliche Überlieferungen erhalten geblieben (4). Diese Technik der frühen Uhren wurde dann von den Römern übernommen und gehörte zu den Gütern, die sie in ihrem „Gepäck" hatten, als sie den hiesigen Raum dem Römischen Imperium einverleibten. Sicherlich waren in den größeren Städten der germanischen Provinzen - ebenso wie in Rom – Wasser- und Sonnenuhren vorhanden (5). Wir dürfen jedoch nicht verkennen, dass diese in sonnigen und warmen Ländern entwickel­ten und verbreiteten Uhren in unseren Breiten durch trübes Wetter und Frost nicht kontinuierlich zu benutzen waren. Vielleicht ist in diesen begrenzten Einsatzmöglichkeiten die Motivation zur Entwicklung einer Alternative, der rein mechanischen Uhr, um das Jahr 1300 zu suchen.

 Bitte zum Vergrößern anklicken - Wasseruhr
Abb. 1: Wasseruhr
(Seitenansicht, teilweise geschnitten, vereinfachte Darstellung)

I. Wassergefäß                       2. Wassereinlauf                       3. Wasserablauf                   4. Schwimmer
5. Seiltrommel                          6. Gegengewicht                       7. Zifferblatt                          B. Stundenzeiger

Mit dem Untergang des römischen Reiches und dem Zerfall der römischen Städte ging auch die verfeinerte Technik der Zeitmessung in unserer Region für Jahrhunderte verloren. Das Wissen der Antike war jedoch in anderen Ländern nicht ganz vergessen. Araber und Mauren hatten es in vielerlei Hinsicht bewahrt, denn Toleranz und Aufgeschlossenheit der islamischen Herrscher führten dazu, dass in ihren Ländern die Wissenschaften aufblühten und Texte griechi­scher und römischer Autoren ins Arabische übersetzt wurden. Hierzu gehörten Werke, die sich mit Zeitmessung, Kalendern, Mathematik und Astronomie beschäftigen. Es blieb nicht nur bei dieser Übersetzertätigkeit; die arabischen Gelehrten forschten und erbrachten auf vielen der vorgenannten Gebiete großartige eigenständige Leistungen (6), so dass man heute unter anderem auch von einer „Islamischen Periode der Astronomie" spricht. (7) Des weiteren verfeinerten sie die Technik der frühen Uhren und perfektionierten das Astrolabium (8), eine ursprünglich griechische Erfindung, mit deren Hilfe es möglich war, den Standpunkt eines Sternes wie auch umgekehrt die Uhrzeit bestimmen zu kön­nen. Solche Astrolabien waren lange Zeit ein „Exportartikel" des Orients in das Abendland, da hierzulande nur wenige in der Lage waren, sie für die hiesigen Brei­tengrade exakt zu berechnen. Langsam und zuerst nur in den Klöstern entstanden die wissenschaftlichen Grundlagen für eine eigenständige Fertigung im nördlichen Europa, die später auch auf städtische Handwerker überging. (9) Große Astrolabien tauchten dann vermehrt an den Monumentaluhren des späten Mittelalters auf, für die sie geradezu charakteristisch sind. Im Zusammenhang mit der Turmuhr von Liebfrauen in Koblenz werden wir auf diesen Punkt noch einmal zurückkommen.

Wie weit die Kenntnis antiker Zeitmessinstrumente und Automaten im nördlichen Europa verloren gegangen war, zeigt das Erstaunen am Hofe Karls des Großen über eine Wasseruhr mit Automaten, die der Kalif Harun al-Raschid Karl im Jahre 807 geschenkt hatte. (10,11)  Einige Jahrhunderte später hatte sich die Situation grundsätzlich geändert, denn jetzt gehörten Wasseruhren zur allgemeinen Ausstattung der Klöster.

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