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Die sauerländischen Uhrenhersteller 1
© Ian D. Fowler 2001


Die eigenständige Uhrmachertradition im kurkölnischen Sauerland

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Anmerkung:
Dieser Artikel von Ian D. Fowler wurde im Buch "Kiepe, Pflug, Schraubstock" (Herausgeber: Westfälisches Schieferbergbau und Heimatmuseum Schmallenberg-Holthausen)  in 2001 veröffentlicht und hat Ian Fowler freundlicherweise der UhrenH@nse zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt. Ein herzliches Dankeschön an Ian !  Fragen und Informationen an/für den Autor bitte über die UhrenH@nse.

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Einleitung

Wie viele regionale Uhrenhersteller-Traditionen im 18. und 19. Jahrhundert ist auch die der sauerländichen Uhren bisher nur unzulänglich erforscht. Der regionale Bedarf an Uhren wurde von einheimischen Uhrmachern gedeckt, die in der Fachliteratur nur lückenhaft erfasst sind.

Das kurkölnische Sauerland, heute räumlich abgedeckt durch die Kreise Olpe und Hochsauerlandkreis, hat eine eigenständige Uhrmachertradition entstehen lassen. Sie ist zu unterscheiden von der märkischen Tradition der Uhren nach Abeler und Krieg, die noch als bergisch gelten.

Nach den Forschungen von D. Wiethoff waren zwischen 1700 und 1890 über fünfzig Uhrmacher im kurkölnischen Sauerland ansäßig. 

Von etwa der Hälfte der namentlich bekannten Hersteller sind signierte Uhren erhalten. Es handelt sich um gewichtsangetriebene Bodenstanduhrwerke mit Langpendel, die etwa zwischen 1770 und 1865 zu datieren sind. 

Die Produktivsten in dieser Uhrmacherliste waren die Gerlach (Beringhausen), Schmidt (Bödefeld), die Schröder (Oedingen und Oedingerberg), die Vogt (Fredeburg) und die Winter (Calle). Am besten dokumentiert ist die Familie Gerlach und ihre Uhren in der Monographie von Elmar Brohl. Von den Gerlach sind 45 der insgesamt 420 hergestellten Uhren erhalten. Von allen Uhrmachern zusammen sind noch einige Hundert Uhren in verschiedenen Sammlungen nachweisbar.

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Die Kundschaft

Die Produkte der sauerländischen Uhrenhersteller waren wohl nicht, wie z.T. die bergischen Uhren, für den Export bestimmt, sondern nur für den regionalen Bedarf gemacht. Doch nicht nur für die bäuerliche Stube wurde produziert.

Die Produktionsstandorte von den sauerländischen Uhrenherstellern ist vielfach unbekannt, ob sie eine einschlägige Ausbildung zum Uhrmacher erfahren haben. Keiner der in der Liste Genannten war ein qualifizierter Meister im Sinne der traditionellen Zunftregelungen wie im Süddeutschen (z.B. Würzburg), soweit wir wissen.

Der Uhrmacher Johann Peter Stahlschmidt aus dem angrenzenden Siegerland hatte jedoch nachweislich eine Uhrmacherlehre bei Spies in Siegen absolviert, als Wandergeselle gearbeitet und 1785 ein Meisterstück präsentiert. Ansonsten handelte es sich wohl eher um Universalhandwerker, deren Fähigkeiten aus dem Schmiedehandwerk kamen oder aus der Nebenerwerbsproduktion gewachsen waren.

Möglicherweise waren die Uhrenhersteller auf Wanderschaft gewesen. Die Uhren von Vogt und die frühen Schmidt-Uhren weisen deutliche Merkmale der Uhren aus dem bergischen Land auf. Ähnlichkeiten mit den Uhren aus dem angrenzenden Siegerland gibt es nicht. Der Vorzug der Herstellung auf dem Land, außerhalb der Zentren, bestand wahrscheinlich darin, daß keine Anforderungen an eine korrekte, zünftige Ausbildung gestellt wurden und insofern auch kein Zunftzwang oder ein anderes Handwerksreglement bestand.

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Die Produktmerkmale

Bis jetzt sind nur Stangen- und Platinenwerke aus Eisen mit achttägiger Gangdauer bekannt. Tagesgänger waren bisher nicht nachgewiesen, bis kürzlich ein Tagesgänger mit Signatur von Johann Gerlach aufgetaucht ist: Ein typisches Merkmal ist die platzsparende wechselseitige Anordnung der Walzenräder. Das Walzenrad des Gangwerkes ist an der Hinterplatine angeordnet, das Walzenrad des Schlagwerkes an der Vorderplatine.

Die Zifferblätter sind in vielfältigen Ausführungen nachweisbar, halten sich aber an das barocke Stereotyp: eine quadratische Grundplatte mit aufgesetztem flachem Arcus. Anfangs waren die Zahlen auf einem Zinnring auf einer geprägten Messingfront - so bei Winter -, oder in der Mitte graviert - so bei Vogt -, oder, wie bei den bergischen Uhren, mit einem Keramikzifferblatt und in den Ecken und im Arcus mit aufgesetzten Applikationen aus Zinn und Blei verziert. 

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Aus den fünf produktivsten Familien (Vogt, Schmidt, Winter, Schröder und Gerlach) lassen sich zwei Gruppen anhand der technischen Merkmale des Werkes bilden:

1. Vogt und Schmidt

2. Winter, Schröder und Gerlach

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Gruppe 1

  1. Die frühesten Werke 1780-1795 in Stangenbau­weise bergischer Art mit einem nach unten fallenden, innen verzahnten Rechen, langer Feder als Rechenklinke (besonders Schmidt) und einem Windfang zwischen den Platinen. Hammerwelle hinten angeordnet. 

  2. Stangenwerke wie oben, aber mit verbesserter Rechenklinke als lappenartiges Scharnier (früher bei Vogt). 

  3. Platinenwerke, sonst wie unter 2., um 1800 (wohl früher bei Vogt). 

  4. Platinenwerk mit verlängertem Anker für schmalere Gehäuse.

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Gruppe 2

  1. Platinenbauweise mit einem nach unten fallenden, außen verzahnten Rechen, langer Feder als Rechenklinke, Vorlauf an dem Schöpfer und großem Windfang hinter dem Werk. Die Hammerwelle wird seitlich angebracht.

  2. Die frühesten Werke wohl von Winter und mit Korbtrieben, später mit Volltrieben wie bei anderen. Winter verwendet keine Umlenkrollen: Walzenrad mit vielen Zähnen und schmaler Walze. Die späteren Werke von Winter haben die Rechenklinke wie bei Gruppe ½. als lappenförmiges Scharnier

  3. Die Werke von den Schröders sind alle sehr ähnlich. Eines ist mit Schlag bekannt, sowie eine doppelseitige Uhr.

  4. Die Werke von den Gerlachs ähneln stark denen von Schröders - die frühen von Johann Gerlach sind fast identisch. Jedoch haben die Werke ab 1820 zwei Merkmale wie Gruppe 1: kleiner Windfang und Hammerwelle hinten. Die Hausuhr von Johann Gerlach (1830) hat Schlag auf drei Glocken. Bernhard Gerlach stellte einige Weckerwerke her.

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Aus den Lebensdaten kann man entnehmen, daß die ersten Uhrmacher der Gruppe 1 - Johann Friedrich Vogt und Eberhard Vogt - und von der Gruppe 2 - Franziskus Josephus Winter - waren. Obwohl es bis jetzt keine Beweise gibt, daß der eine Uhrmacher bei dem anderen lernte, könnte man berechtigt spekulieren, daß Schmidt das Handwerk bei Vogt, J.R. Schröder bei Winter und Gerlach bei Schröder lernte, wenn auch nicht nach den zünftigen Bedingungen. Eine sekundäre Verbindung gab es vielleicht zwischen Gerlach und Gruppe 1. Gewisse Zifferblattverzierungen aus Zinn und Blei wurden von bestimmten Uhrmachern fast ausschließlich verwendet, besonders im Falle Gerlach.

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Das Ende der sauerländischen Uhrenherstellung

Schon am Anfang des 19. Jahrhunderts wurden zunehmend billige Uhren aus dem Schwarzwald von wandernden Händlern vertrieben. Einige einheimische Uhrmacher (z.B. Gerlachs) haben gleichzeitig nach traditioneller Art Uhren produziert und geliefert und Schwarzwalduhren als billigere Alternative ver­kauft. Sie konnten langfristig nicht damit konkurrieren. B. Gerlach verkaufte seine letzte Uhr 1874. Ab Ende der 50er Jahre wurden wenige Uhren aus eigener Herstellung verkauft.

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Für weitere Informationen wende Dich bitte an: UhrenH@nse

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